Alles was recht ist: Flo ./. Moral

Wenn Beate Tschäpe ihr Schweigen bricht, tu ich das auch: Ich bin kein Straftäter.

Um was geht es eigentlich? HIV-Positive, wie ich, werden in Deutschland immer noch vor Gericht verurteilt, nachdem es beim Sex zu einer HIV-Übertragung gekommen ist. Damit wird die Verantwortung für den Schutz beim Sex allein auf den HIV-Positiven gelegt.

Das geht so nicht: Jeder ist für seinen Schutz beim Sex selbst verantwortlich!

Was so einfach klingt ist in der Praxis – und vorallem vor deutschen Gerichten noch schwer zu kommunizieren. Nach voherrschender Rechtssprechung müssen HIV-Positive auf den Gebrauch von Kondomen bestehen oder ihre Partner über die Infektion informieren.

Irrwitzig, schon deswegen weil jemand wie ich – der regelmäßige seine hochwirksame HIV-Medikation einnimmt – überhaupt nicht ansteckend ist.

Mehr noch:

Der Schutz durch Therapie ist nach aktuellen Studien wirksamer als der Schutz durch ein Kondom.

Höchste Zeit also, dass sich hier die Rechtssprechung ändert: Erste Urteile erkennen inzwischen die medizinischen Fakten durch Schutz durch Therapie an – gut so.

Die Garantie nicht vor Gericht gestellt zu werden, ist das noch lange nicht.

Es wird daher höchste Zeit die Kriminalisierung von Menschen mit HIV und Aids zu beenden. Bei einvernehmlichen sexuellen Handlungen darf der Straftatbestand nach §§ 223 und 224 StGB wegen versuchter oder gefährlicher Körperverletzung erst gar nicht mehr zur Anwendung kommen.

Wer mit einem anderen Menschen Sex hat, hat selbst Sorge für seinen Schutz zu tragen.

So einfach ist das, nicht wahr?

Wer weitere Infos zum Thema HIV & Strafrecht möchte, findet hier Infos:

POSITIVHANDELN.DE

Deutsche AIDS-Hilfe e.V.

 

O zapt is: Franz, Flo & Andrea Berg

O zapt is – seit einer Woche lockt die Wiesn in München Menschen aus aller Welt nach Bayern. Doch nicht nur die Schausteller reisen viel.  Auch Menschenrechtler*innen und Aktivist*innen wie Franz sind fast jede Woche in einer  Stadt.

Wie es ihm dabei geht, ständig aus dem Koffer zu leben und warum der Augsburger Plärrer – ein Volksfest – locker mit der Wiesn mithalten kann, verriet er mir bei einer gemütlichen Fahrt im Riesenrad mit musikalischer Untermalung von Andrea Berg.

Na denn, einsteigen bitte!

 

 

Harte Schale, weicher Kerl: Ein Plädoyer für die Fetisch-Community

Gerade beim Bäcker: Vor mir ein starker, behaarter Kerl im Lederoutfit mit großem Nasenring, hinter mir zwei Jungs, ganz in Gummi einer davon an einer Hundeleine kniend neben seinem offensichtlichen Herrchen. Es ist Folsom in Berlin. Und somit eines der ganz normalen Fetisch-Wochenenden die Jungs aus aller Welt nach Berlin locken.Und während ich noch im allmorgendlichen Halbschlaf darüber nachzudenken beginne, ob nun Doggys die sprechen können in eine Bäckerei dürfen oder doch besser standesgemäß vor der Bäckerei angeleint werden müssen, bedient Fatima – so heisst die Inhberin der Bäckerei in unserem Nebenhaus – den Nasenringträger mit dem strengen Blick.

„Drei Croissants und zwei Milchkaffee mit extra viel Schaum bitte, junge Frau.“ Fatima muss lachen, obgleich man hierbei anmerken muss dass sie Anfang 50 ist. Und auch auch ich fange an zu lachen. Harte Schale, weicher Kern – denke ich und wünsche mir einmal mehr, diesen Moment des interkultursexuellen Moments mit der ganzen Welt zu teilen. „Det is Berlin, wa“ sagt das Herrchen ungefragt hintermir, obwohl ja wahrscheinlich so ein Herrchen grundsätzlich nicht erst gefragt werden muss.

„Das ist die Fetisch-Community“ antworte ich grinsend, realisierend das ich selbst gerade in einer wahrscheinlich für jeden ausserhalb dieses besonderen Stadtteils lebenden als viel zu kurz empfundenen Adidas-Glanzshorthose dastehe und somit Teil dieser Bäckerei-Fetisch-Gemeinde bin.
Wenige Meter ist unsere Wohnung weg vom Axel Hotel, jenem Haus das auf seinen Türen mit „Heterofriendly“ wirbt und das genau gegenüber Fatimas Bäckerei liegt. Was für ein Glück hier zu leben – inmitten des schwulen Kiezes, inmitten lauter Freigeistern, Künstlern und Individualisten.

Wie selbstverständlich ist daher dieser gerade in der Bäckerei erlebte Moment, der sich mehrfach im Jahr wiederholt. Ostertreffen, CSD, schwullesbisches Straßenfest, Folsom, Hustla Ball – es gibt viele Gründen im Jahr für einen Besuch in Berlin, für ein Ausleben von Fetischen und für ein Treffen der Communnity. Ob Leder, Gummi, Sportswear: Die Fetisch-Community ist eine Besondere, mit starken Freundschaften und einer Unverklemmtheit, die man jeder Couch-Potato nur wünschen kann. Und nur um das anzumerken: Ich habe nichts gegen Couch-Potatos, ich bin ja tolerant.

Jedoch meinte Dieter Kosslik, Intendant der Internationalen Berliner Filmfestspiele ja mal: „Couch-Potatos werden die Welt nicht retten.“ Und er hat recht: Dieser bunte Haufen hier, der in diesen Tagen Folsom feiert, sich zum Fetischdinner trifft, Freunde besucht und abends auf Mega-Sexpartys mit hunderten, wahrscheinlich sogar über tausend anderen Fetischkerlen im wahrsten Sinn des Wortes die Sau rauslässt kann die Welt retten, oder zumindest verändern.
In Zeiten in denen uns Parteien wie die AfD weiß machen will,das selbst die brävsten, bürgerlichen, verlebenspartnerten Schwulen und Lesben nicht mehr in ihr Weltbild passen, ist es umso wichtiger, dass wir als sichtbarer Teil der Szene selbstverständlich unseren Platz einfordern.

Das mag nicht in jedermenschs Weltbild passen: Ein Lederkerl, ein Doggy und ein Typ in knapper Glanzshort mit ausgelatschten Sneakers, die bei Fatima Brötchen holen. Aber hey, wem es gelingt sich im persönlichen Kontakt mit einem dieser wunderbaren Menschen zu unterhalten, wer begreift wie Fetischkerle ticken, wie stark unsere Community ist und welch ein Zusammenhalt dort an Tagen wie diesen herrscht, der ist der breiten Masse einen Schritt voraus.

Ich jedenfalls freue mich, Teil dieser Community zu sein, an diesem Wochenende Freunde zu treffen und voller Selbstverständlichkeit beim Verlassen der Bäckerei dem Doggy übern Kopf zu streicheln um seinem Herrchen mitzuteilen: „Das ist ja ein ganz ein Braver.“

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Wie wichtig der Zusammenhalt in der Community ist, hat mir auch Thomas Rappel – ehemaliger Bavarian Mr. Leather – in einem kurzen Interview in München erklärt.

Seht selbst:

 

 

Franz: Seit 1987 HIV-positiv. Und er wird nicht älter…

Franz und Cher teilen ein magisches Geheimnis: Beide werden niemals älter. Wie das funktioniert verrät Franz in diesem Video. Und falls nicht, erfährt ihr auf jeden Fall wie es für Franz war in den 80er Jahren mit dem HI-Virus positiv getestet worden zu sein, wie es war alle Freunde an HIV zu verlieren und dennoch heute voller Lebenslust für das Zentrum für Aidsarbeit in Schwaben und die Kampagne ICH WEISS WAS ICH TU (IWWIT) der Deutschen Aids-Hilfe vielen Menschen Mut zu machen.

Seit 1987 ist Franz HIV-positiv. Das ist so ungefähr als ich geboren wurde. Ja, ungefähr 😉 Was uns jedenfalls seit rund fünf Jahren eint, ist der gemeinsame Einsatz für die IWWIT-Kampagne, insbesondere im Fetisch-Bereich.

Am Freitag startet in Berlin Folsom Europe – der Höhepunkt jeden Jahres für die Fetisch-Community in Europa und für Franz eines der wichtigsten Termine in seinem mehr als vollen Reisekalender zu Präventionseinsätzen. Mit viel Einsatz und noch mehr Reisegepäck verwandelt sich dann auch Franz wieder in einen wahrhaftigen Fetischkerl. Wie genau das aussieht,  das bleibt an dieser Stelle ein Geheimnis.

Nur soviel: Cher ist neidisch. Aber seht einfach selbst:

Mehr Informationen zum AWO-Zentrum für Aidsarbeit Schwaben gibt es unter: http://www.zas-schwaben.de

Mehr Informationen zu Franz´Engagement bei ICH WEISS WAS ICH TU: http://www.iwwit.de/kampagne/team/franz

 

Das wird man ja wohl noch sagen dürfen…

Ich oute mich: Ich bin ein besorgter Bürger. Ein besorgter, schwuler Bürger. Ja, wahrscheinlich sogar noch schlimmer: Ein besorgter, schwuler, HIV-positiver und drogenakzeptierender Bürger der sich ein Deutschland wünscht, dass weltoffen und multi-kulti ist. Ich wünsche mir ein Deutschland mit einem Herz am richtigen Fleck.

Wo dieser richtige Fleck ist, da sind sich mitunter die Parteien dieses Landes uneinig. Zwar hatte die Schwesterpartei der CDU – die mit dem „sozial“ in der Mitte des Namens – in der Vergangenheit deutlich formuliert, es dürfe kein Herz rechts von ihrem geben, jedoch hat die AfD sie zwischenzeitlich anatomisch eines besseren belehrt. Das nennt man wohl eine Organverpflanzung.

Wenn also die unseren Motor Deutschland – jenen viel gepriesen gesunden Körper der EU – zukünftig ein Herz antreiben wird, dass ein Stück nach rechts verpflanzt wurde, gehts uns allen besser. Das meint zumindest die Alternative für Herzen, ähm Deutschland.

Das ist logisch, denn ein verpflanztes Herz kann ja auch gleich alle Probleme des Körpers viel besser lösen: Zuzug von Menschen aus Kriegsgebieten zum Beispiel, aber auch die bestehende Arbeitslosigkeit des Herzträgers und wahrscheinlich auch alle andern Symptome die ein kranker Körper so hat.

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Mein Opa ist über 90 Jahre und hat Herzprobleme. Dennoch hat er sich gegen eine Operation entschieden. „Weisst du Florian“ sagt er, „eine OP am Herzen mit 92, die Narkose, die möglichen Komplikationen – das ist keine gute Idee.“ Sein Erfolgsrezept: Er nutzt neben seinem Herzen auch sein Hirn.

Er wägt ab, stellt Risiken den Chancen gegenüber und trifft eine Entscheidung – ein kluger Deutscher. Eine Klugheit die ihm weder der Zweite Weltkrieg, noch die schwierigen Nachkriegsjahre oder sonst ein Ereignis in seinen bald 100 Jahren nehmen könnten.

Er ist mein Held. Er ist jemand der Ärzten trotz Doktortitel und weissem Umhang seine Meinung sagt, der sich positioniert und selbst entscheidet. So wie in diesen Tagen die vielen Menschen in Mecklenburg-Vorpommern und Berlin, die eine neue Landesregierung wählen.

Auch sie müssen sich entscheiden, wem sie ihr Vertrauen schenken und wer die „Operation Deutschland“ in ihrem Bundesland in den nächsten Jahren leiten soll. Die Menschen die dabei operieren tragen zwar meistens eher graue Anzüge zu grauer Miene, versprechen aber ungefähr das gleiche wie die meisten Ärzte: Die ultimative Besserung.

Ob für Schmerzen am Zeh jedoch gleich das ganze Herz ein Stück nach rechts versetzt werden muss, dass wissen weder mein Opa noch ich. Noch haben jedoch bis zum Schließen der Wahllokale die Menschen Zeit über die Risiko der Herztransplantation nachzudenken und sich dafür zu entscheiden, dass Herz da zu belassen wo es hingehört – am richtigen Fleck.

Und nachdem Gesang nicht zu meinen absoluten Stärken gehört und Opa auch nicht wollte, haben wir Jennifer Rostock hier den Vorzug für die musikalische Darbietung überlassen. An dieser Stelle ein herzlichen Dank an Shija vom Management der Band für die freundliche Genehmigung zur Einbindung nachfolgenden Videos:

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Ein Kommentar von Florian Winkler-Ohm, einem um AfD-Wähler besorgten Bürger und Journalisten, der nicht zwangsläufig die Meinung der von ihm belieferten Redaktionen wiedergibt. Mehr von ihm unter http://www.flosithiv.com