#wissenverdoppeln – sag´s deinem Goldfisch

Unter dem Motto #wissenverdoppeln startet die Deutsche AIDS-Hilfe (DAH) heute eine neue Kampagne. Die Botschaft: Unter Therapie ist HIV nicht mehr übertragbar.

Ich traf Kampagnenmacher Manuel Hofmann von der DAH zum Interview:

 

Nur 10 Prozent der Bevölkerung kennen diese wissenschaftliche Tatsache, ergab eine Umfrage der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA). Die Kampagne #wissenverdoppeln fordert dazu auf, sich zu informieren und auch anderen davon zu erzählen. Erstes Etappenziel: Die Zahl der Informierten soll sich verdoppeln. Und dann immer wieder – bis alle Bescheid wissen. Die Kampagne wird mit Bundesmitteln gefördert.

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Entlastung für alle Beteiligten

„Diese gute Nachricht sollte heute zur Allgemeinbildung gehören“, sagt Ulf Hentschke-Kristal vom Vorstand der Deutschen AIDS-Hilfe. „Sie nimmt unnötige Ängste vor HIV-positiven Menschen und wirkt damit auch Ablehnung entgegen. Das Wissen sorgt für Entlastung bei Menschen mit und ohne HIV.“

Im Alltag ist eine HIV-Übertragung ohnehin ausgeschlossen – unabhängig davon, ob jemand Medikamente nimmt. Trotzdem werden Menschen mit HIV noch immer oft als Gefahr wahrgenommen. Auch das illustriert die zitierte BZgA-Befragung.

„Wenn selbst beim Sex keine Übertragung mehr möglich ist, erscheint die Angst vor einer Infektion über gemeinsam benutze Trinkgläser, Fitnessgeräte oder Toiletten hoffentlich als das, wie sie schon immer war: vollkommen abwegig“, so DAH-Vorstand Hentschke-Kristal.

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Wissenschaftliche Tatsache

Dass unter erfolgreicher Therapie selbst beim Geschlechtsverkehr keine HIV-Übertragung mehr möglich ist, beweisen mittlerweile mehrere große Studien. Beobachtet wurden in den Studien Tausende gemischt HIV-positiv-negative Paare, die über 100.000 Male auf Kondome verzichteten, ohne dass es zu einer Übertragung kam. So trägt „Schutz durch Therapie“ heute zu einer erfüllten Sexualität ohne Ängste bei.

Zwei Paare, eine HIV-positive Mutter und ein Sozialarbeiter erzählen

„Es ist toll zu erleben, wie sehr diese Nachricht die Menschen erleichtert“, erzählt Jonathan (27), Sozialarbeiter in Berlin und eines der Kampagnengesichter von #wissenverdoppeln. Und fügt hinzu: „Ich bin immer wieder überrascht, wie überrascht die Leute sind.“

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David (38) aus Berlin berichtet: „Mit der HIV-Therapie geht’s mir gut – und meine Partnerin schützt sie auch.“ Seine Freundin Silke (39) ergänzt: „Dank Therapie spielt die HIV-Infektion in unserer Beziehung keine Rolle. Für mich ist das so, als wäre er kurzsichtig: Beides ist nicht ansteckend.“

Franziska (35) hat drei Kinder, die auf natürliche Weise gezeugt wurden und zur Welt kamen. Doch sie musste lange suchen, bis sie eine aufgeklärte Geburtsklinik fand. Ihr Statement: „Dass HIV unter Therapie nicht übertragbar ist, hat nicht nur meine Lebensqualität verbessert, sondern ist auch eine wichtige Botschaft für die Gesellschaft. Alle können sich entspannen!“

Fabian (26) aus Frankfurt berichtet, wie er Angst hatte, sich zu infizieren und seinen Freund André (36) zu verlieren, als dieser sein positives Testergebnis erhielt. Drei Jahre später hat sich die Situation entkrampft: „Ich hätte damals mehr Informationen gut gebrauchen können“, zieht Fabian Bilanz.

Wie die Medikamente wirken

Eine HIV-Behandlung unterdrückt die Vermehrung von HIV im Körper. Das Virus ist dann im Blut nicht mehr nachweisbar. Dann ist auch eine Übertragung auf sexuellem Wege nicht mehr möglich. „Schutz durch Therapie“ setzt dabei die regelmäßige Einnahme der Medikamente und die regelmäßige Kontrolle des Therapieerfolges voraus.

Diskriminierung gehört noch immer zum Alltag

Dank der heute verfügbaren HIV-Medikamente kann man mit HIV alt werden und leben wie alle anderen Menschen. Erschwert wird der Alltag mit HIV aber durch Diskriminierung, die in allen Lebensbereichen vorkommt – vom privaten Umfeld über die Arbeitswelt bis zum Gesundheitswesen. Zugrunde liegen meist irrationale Ängste vor einer HIV-Infektion sowie moralische Bewertungen des (vermuteten) Lebensstils der HIV-positiven Menschen.

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Für ein selbstverständliches Miteinander

„Unser Ziel ist das ganz selbstverständliche Miteinander, das heute möglich ist – ohne Ängste, ohne Zurückweisung und Abwertung“, betont Ulf Hentschke-Kristal. „Das Wissen um die Nicht-Übertragbarkeit unter Therapie kann dazu entscheidend beitragen. In diesem Sinne: Geteiltes Wissen ist doppeltes Wissen!“

Eine Kampagne zum Mitmachen

Die Kampagne #wissenverdoppeln bietet darum verschiedene Möglichkeiten, die entlastende Botschaft zu verbreiten. Auf der Webseite können Menschen ihre Geschichte und Reaktionen posten, die sie beim Weitersagen erfahren haben. Wichtige Fakten können in sozialen Netzwerken geteilt werden. Aufkleber, Postkarte und Infoflyer animieren ebenfalls zum Weitersagen. Denn Wissen verdoppeln geht nur gemeinsam.

Mehr Infos zur Kampagne unter wissen-verdoppeln.hiv

Quelle: Deutsche AIDS-Hilfe

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Dankbar 40. Kein Grund zur Midlife-Crises.

Flo40

Langsam lässt der vom Wasserdampf des durch viel zu heißen Duschens entstandene Schleier über meinem Badspiegel die ersten Züge meines frischgebackenen 40jährigen Gesichts erkennen. Wird der sich mit bietende Blick meines vertrauten Gegenübers erste Zeichen der neuen Dekate aufweisen? Ich kann nicht warten und wische mit einem Handtuch den Spiegel trocken.

Nichts! Keine Spuren zu erkennen – alle Falten waren gestern schon da. Keine dramatischen Veränderungen in der durch zu häufiges Lachen ohnehin schon strapazierten Augenregion. Erleichterung.

Gestern bin ich 40 Jahre geworden. Damit eröffnen sich drei neue Möglichkeiten in meinem Leben: Ich bin wählbar zum Richter am Bundesverfassungsgericht, kann zum Bundespräsidenten oder zum bayerischen Ministerpräsidenten gewählt werden – was ungefähr aufs Gleiche rauskommt, zumindest in der Wahrnehmung der bisherigen bayerischen Amtsträger.

Nach kurzer Überlegung scheidet die Arbeit am Bundesverfassungsgericht für mich aus. Wer möchte schon für einen Gleichstellungsgegner und CDU-Bundestagsabgeordneten arbeiten?

Zwar soll nun doch nicht der LGBTI-feindliche CDU-Politiker Günter Krings, zurzeit parlamentarischer Staatssekretär im Bundesinnenministerium von Horst Seehofer, Bundesverfassungsrichter werden. Das ist die gute Nachricht. Doch auch der designierte Ersatzmann, der CDU-Bundestagsabgeordnete Stephan Harbarth, ist ein erklärter Gegner einer Gleichstellung von Lesben und Schwulen, wenn auch gemäßigter im Ton.                                                          Quelle: Queer.de

Mit dem bayerischen Ministerpräsidentenposten wird es nach dem Wegzug in die Bundeshauptstadt vor sieben Jahren und vorausgeganger jahrerlanger kritischer journalistischer Hinterfragung der Regionalpolitik auch schwierig. Als kritischer Journalist hat man in Bayern durchaus Freund_innen bei der SPD und den Grünen. Wenn der Freistaat also in den nächsten Jahren doch noch weiter den für die CSU so schmerzhaften Weg der Öffnung zu einem Mehrparteienstaat bestreitet überlege ich mir das Vorhaben gern nochmal. Vor 60 nimmt dich in der bayerischen Politik eh keiner ernst.

Was bleibt ist die Erkenntnis das ich bereits den für mich schönsten Job der Welt habe. Wen wir im SchwuZ also tagtäglich daran arbeiten ein bunter, freier, vielfältiger Ort zu sein, wenn wir ringen um gemeinsame Fortschritte und queere Lebenswelten als selbstverständlichen Teil unserer Gesellschaft jeden Tag aufs neue unter Beweis stellen, dann sind wir damit den meisten Politiker_innen um Lichtjahre voraus.

„Hat eine „Null“ Bedeutung?“ fragte mich gestern Thomas Schützenberger auf Facebook und antwortete gleich selbst:

Ich denke ja und glaube, wenn man die Zeit Revue passieren lässt und sich fragt, ob man mit 20, 30 oder 40 im Leben glücklicher war, die realistische Antwort zumindest nicht eindeutig ist. Ich behaupte ganz frech: Willkommen in der besten Zeit deines Lebens! Herzlichen Glückwunsch! (…) Mit 40 hat man mehr „standing“, hat seinen Platz im Leben, ist sich seiner bewusst und sicherer – und hat genug Energie, Kraft und Flexibilität, um etwas zu verändern. Schau auf dein Leben zurück und schau dir die Gegenwart an: Wir sitzen weltweit betrachtet auf der „Insel der Glückseligen“ und du hast dazu persönlich und privat noch allen Grund glücklich zu sein – und dies hast du auch dir selbst zu verdanken. Also: Mundwinkel zu den Öhrchen, Zähnchen zeigen, lächeln. Das Leben liebt dich.

Quelle: Thomas Schützenberger

Und er hat sowas von recht. Es ist die bisher beste Zeit meines Lebens, von der ich einst nicht gedacht habe sie zu erreichen. Als ich in frühen Jahren HIV-positiv getestet wurde war mir nicht klar, dass ich diesen Geburtstag mal feiern werde. Die Zeit damals war geprägt vom „alten“ HIV, die Selbsthilfegruppe voll von Menschen die in ihrem Leben auf mehr Beerdigungen als Geburtstagen oder Hochzeiten waren. Aber ich habe in diesen Anfangsjahren und durch wunderbare engagierte Menschen auch gelernt wie wichtig eine Community ist, wie sehr jede einzelne Person einen  Anteil leisten kann das es anderen Menschen ein Stückchen besser geht, welche Kraft eine Ehrenamt haben kann.

Ich bin dankbar für all diese Erfahrungen, dafür dass mein journalistischer Sturkopf im Kampf gegen die Stigmatisierung von Menschen mit HIV und für die Rechte von drogengebrauchenden Menschen bis heute all den Anfeindungen, Kritiken und Vorwürfen standgehalten hat. Das der Einsatz für Menschen die kaum eine Lobby haben mehr Kritik, Häme und Vorwürfe bringt als Lob und dennoch ein einzelnes Gespräch und ein Dankeschön bei einem Einsatz für die Community dich für all das entschädigt.

Und ja, es waren Zeiten dabei in denen ich mich selbst an den Abgrund und in manchen Situationen gar einen Schritt weiter manövriert habe. Es gaben Phasen des Konsums da war der Tod näher als das Leben: Kontrollverluste gehören zu einem 40jährigen Leben genauso dazu wie die schönen Erlebnisse aus all der Zeit. Schlussenlich ist man die Summe all dieser Erfahrungen. Ich versuche heute so gut es geht anderen Menschen in ähnlichen Situationen zu helfen oder sie gar davor zu bewahren. Ohne all diesen Erfahrungsschatz wäre mein Engagement wahrscheinlich nur halb so gut.

Ich habe das große Glück mit Tom einen Partner an meiner Seite zu haben, der immer für mich da war und mit dem ich so manche Herausforderung gemeinsam angehen konnte – was für ein wunderbarer Mensch.

Grund genug also dem Spiegelbild zurück zu lächeln und es auch die nächsten 40 Jahre weiter zu rasieren. Das Leben ist gut zu mir.

Herzlichen Dank allen die mir gestern gratuliert haben, mich in den 40 Jahren begleitet, unterstützt, motiviert und kritisiert haben. Die 40 fühlt sich gut an.

Die Midlife-Crises muss noch etwas warten. Das Erwachsenwerden auch.

 

 

 

Berlin: Drug-Checking startet

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Richtig tolle Neuigkeiten vermeldet heute die dpa und die Pharmazeutische Zeitung: Bereits am kommenden Donnerstag soll nunmehr nach jahrelangem Einsatz von Drogen- und Suchthilfe das Projekt „Drug-Checking“ in Berlin starten.

Drug-Checking bedeutet, dass eine offizielle Stelle etwa Pillen vom Schwarzmarkt chemisch analysiert. Es geht laut Gesundheitsverwaltung darum, möglichst genaue und umfassende Informationen über die Inhaltsstoffe und deren Dosierungen zu erhalten und die Ergebnisse publik zu machen.

Für das Projekt stehen 30.000 in diesem und 120.000 Euro im kommenden Jahr bereit. Den Zuschlag haben laut Angaben Organisationen der Berliner Drogen- und Suchthilfe erhalten. Zunächst sollen diese ein Gutachten zur rechtlichen Machbarkeit des Angebots einholen. Wegen der Rechtslage inDeutschland benötigt Berlin für das Testangebot laut Angaben eine Ausnahmegenehmigung des Bundesinstituts für Arzneimittel- und Medizinprodukte (BfArM). Selbst im Fall eines Erfolges ist völlig offen, wann und wie in Berlin tatsächlich Drogen getestet werden könnten.

Im Berliner Koalitionsvertrag kündigte Rot-Rot-Grün an, Maßnahmen zur «Verminderung der Begleitrisiken von Drogenkonsum» stärken zu wollen – Drug Checking wurde dabei als ein Baustein genannt. Solche Risiken können neben der Gesundheitsschädigung durch Wirkstoffe wie etwa Cannabis,Kokain und Ecstasy auch Verunreinigungen, das Strecken der Stoffe oder eine zu hohe Konzentration sein.

Befürworter versprechen sich vom Drug Checking neben öffentlichen Warnungen zum Beispiel vor gefährlichen Pillen auch einen besseren Zugang zu Konsumenten, um sie über Risiken aufklären zu können. Manche hoffen zudem, dass die Hersteller wegen der Kontrollen stärker auf sichere Produkte achten.

Experten analysieren beim Drug Checking kleine Proben des jeweiligen Rauschgifts per HPLC. Dabei geht es um den Anteil des Hauptwirkstoffs und die beigemischten weiteren Inhaltsstoffe. Dazu werden meist eine Tablette oder Teile davon oder 30 bis 50 Milligramm eines Pulvers benötigt, was in etwa einer Messerspitze entspricht.

In manchen Ländern gibt es seit Jahren solche Angebote. In der Schweiz bietet beispielsweise das Drogeninformationszentrum (DIZ) der Stadt Zürich zweimal in der Woche Termine an, an denen Drogen zur Analyse abgegeben werden können. Das Ergebnis kann man später erfragen. Warnungen werden auch im Internet veröffentlicht. Mehrmals pro Jahr gibt es zudem ein sogenanntes mobiles Drug Checking an verschiedenen Stellen in der Stadt. Diese Analyse dauert etwa eine halbe Stunde.

In einer der zahlreichen online veröffentlichten Warnungen heißt es etwa: «Diese XTC-Tabletten enthalten 227.6 mg bzw. 207.7 mg MDMA. Bei solch hohen Dosen können unter anderem folgende Nebenwirkungen auftreten: «Kiefer mahlen», Augen- und Nervenzucken, Kopfschmerzen, Übelkeit, Krampfanfälle, Halluzinationen.» Oder: «Der durchschnittliche Wirkstoffgehalt der im DIZ getesteten Kokainproben betrug im dritten Quartal 2018 76,2 Prozent Kokain*HCl (Hydrochlorid). Der Wirkstoffgehalt der analysierten Proben variierte stark und lag zwischen 2,3 und 98 ProzentKokain*HCl.»

Quelle: dpa / Pharmazeutische Zeitung