Corona & HIV: aktuelle Infos


Nachfolgend habe ich euch mal alle aktuellen Infos zum Thema Corona & HIV zusammengestellt. Der Artikel klärt die Fragen, ob HIV-Medikamente gegen den Corona-Virus helfen und wie weit die aktuelle Forschung ist.

Die Deutsche Aidshilfe hat in einem Interview mit ihrem Medizinreferenten Achim Schafberger kürzlich die wichtigsten Fragen geklärt – hier ein Auszug aus dem Text den ihr hier in voller Länge nachlesen könnt: https://magazin.hiv/2020/02/28/coronavirus-und-hiv/

(Quelle: Deutsche Aidshilfe):

Haben das neue Coronavirus und HIV Ähnlichkeiten? Einigen Berichten zufolge sollen bestimmte HIV-Medikamente ja auch gegen Coronaviren wirken.

Das Coronavirus, das uns gerade in Atem hält – genauer: SARS-CoV-2 – und auch andere Coronaviren brauchen zu ihrer Vermehrung unter anderem ein Enzym namens Protease. Und es gibt eine Gruppe von HIV-Medikamenten, die die HIV-Protease blockieren: die sogenannten Protease-Hemmer oder Protease-Inhibitoren. Schon 2004 hat man die Wirkstoffe Lopinavir und Ritonavir, kombiniert im Präparat Kaletra, versuchsweise gegen das mit SARS-CoV-2 verwandte SARS-Virus eingesetzt und eine gewisse Wirkung erzielt.

Derzeit werden verschiedene Medikamente gegen das Coronavirus untersucht, auch HIV-Medikamente

Allerdings ist Skepsis angesagt: Bei Laborversuchen mit dem ebenfalls verwandten MERS-Virus zeigte sich keine große Wirksamkeit der HIV-Medikamente gegen die Virusvermehrung.

Zurzeit werden verschiedene Substanzen gegen das Coronavirus an Patient_innen getestet, unter anderem auch der schon erwähnte gegen HIV wirksame Protease-Inhibitor Kaletra (Lopinavir/Ritonavir). Erst wenn diese Studien abgeschlossen sind, wissen wir, ob und welche Substanz auch gegen das Coronavirus wirkt. Eine der Kaletra-Studien, die in Ghuangzou in China an 125 Patient_innen durchgeführt wird, wird voraussichtlich Ende Juli abgeschlossen sein – ebenso eine zweite in Hongkong mit 70 Patient_innen (Kaletra in Kombination mit Interferon und Ribavirin). Man kann sich auf der englischsprachigen Webseite www.clinicaltrials.gov selbst ein Bild über die laufenden Studien machen, wenn man im Suchfeld „Conditions or disease“ das Wort coronavirus eingibt.

Übrigens: Die Verschwörungstheorie, das neue Coronavirus sei im Labor unter anderem aus HIV-Erbgutabschnitten „zusammengebaut“ worden, kann man nicht ernst nehmen. Sie geht vor allem auf einen unveröffentlichten Artikel aus Indien zurück, wonach bestimmte Abschnitte des Coronavirus-Erbguts Ähnlichkeit mit Teilen des HIV-Erbguts haben. Der Beitrag wurde aber sofort von Wissenschaftler_innen zerpflückt – die angesprochenen Abschnitte sind so winzig, dass sie auch bei vielen, vielen anderen Genen vorkommen.

Oft liest man ja, dass ältere Menschen oder Menschen mit Begleiterkrankungen ein höheres Risiko für einen schweren Verlauf der Coronavirus-Infektion haben. Gilt das auch für Menschen mit HIV?

Darüber wissen wir noch nichts. Bisher wurden in den Studien nur die sogenannten Volkskrankheiten genannt: Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Asthma und Diabetes mellitus. Ein geschwächtes Immunsystem muss man sicher auch zu „Vorerkrankungen“ rechnen. Die meisten Menschen mit HIV nehmen aber HIV-Medikamente. Die Medikamente unterdrücken die HIV-Vermehrung im Körper und schützen so das Immunsystem. Bisher gibt es keine Anzeichen dafür, dass Menschen mit HIV-Behandlung durch eine Coronavirus-Infektion besonders gefährdet sind – aber wir haben einfach noch keine Daten dazu.

Wie können Menschen mit HIV sich vor einer Ansteckung mit Coronaviren schützen?

Menschen mit HIV schützen sich genauso wie alle anderen vor Coronaviren.

An erster Stelle steht: Hände waschen, Hände waschen, Hände waschen – regelmäßig und gründlich.

Das heißt: die Hände von allen Seiten und bis zu den Handgelenken mit Seife einreiben und dabei 20 bis 30 Sekunden Zeit lassen, dann Seife unter fließendem Wasser abspülen und die Hände mit einem sauberen Tuch trocknen.

An erster Stelle steht Hände waschen, Hände waschen, Hände waschen

Wasser und Seife reichen – ein Desinfektionsmittel ist nicht nötig.

Vor allem sollte man die Hände immer dann waschen, wenn man etwas angefasst hat, was auch andere Menschen anfassen. Dazu gehören zum Beispiel Haltegriffe im Bus oder der U-Bahn, Türklinken, Toilettenspülungen usw.

Wichtig ist auch, die Hände möglichst vom Gesicht fernzuhalten und Nase, Mund und Augen nicht zu berühren.

Wer sein Risiko weiter reduzieren will, sollte außerdem Abstand zu anderen Menschen halten – empfohlen wird mindestens ein Meter – und größere Veranstaltungen meiden.

Außerdem sollte man in die Armbeuge husten oder niesen – die Hand vor dem Mund hält Tröpfchen nicht auf.

Welche weiteren Tipps zu Corona gibt es für Menschen mit HIV?

Keine anderen als sonst auch.

Aber jede und jeder sollte zumindest in den nächsten Wochen überlegen, ob geplante Reisen oder Veranstaltungen vielleicht verschoben werden sollten. Das gilt natürlich besonders für Reisen in Gebiete, die vom Robert-Koch-Institut als Risikogebiete ausgewiesen werden.

Was sollten Menschen mit HIV in Sachen Coronavirus noch bedenken?

Menschen mit HIV sollten – wie alle Menschen mit chronischen Erkrankungen, die Medikamente brauchen – darauf achten, bei Reisen eine Medikamentenreserve für zwei zusätzliche Wochen dabei zu haben. Falls eine Quarantäne verhängt wird, wie gerade bei dem Hotel auf Teneriffa, hat man dann genug Medikamente dabei.

Außerdem sollten sich auch Menschen mit HIV vor Reisen mit dem aktuellen Nordhalbkugelimpfstoff gegen Grippe impfen lassen. Neben dem Schutz vor Grippe trägt die Impfung auch dazu bei, unnötige Corona-Verdachtsfälle zu vermeiden – das schont das Gesundheitssystem.“

Einen weiteren spannenden Aspekt gegen die Epidemie mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 liefert der vfa – der Verbund der forschenden Pharmaunternehmen (Quelle: vfa):

Auch wenn die Entwicklung von Impfstoffen gegen SARS-CoV-2 mit nie gekannter Geschwindigkeit vorangeht, ist es doch unwahrscheinlich, dass man schon 2020 mit Massenimpfungen der Bevölkerung rechnen kann. Deshalb richten sich die Hoffnung darauf, dass schon schneller Medikamente gefunden werden, mit denen bereits Infizierte behandelt werden können, so dass die von diesem Virus verursachte Krankheit Covid-19 rasch abklingt.

Die Hoffnungen konzentrieren sich insbesondere auf Medikamente, die schon gegen eine andere Krankheit zugelassen oder zumindest in Entwicklung sind. Sie müssten nur umfunktioniert werden, was mutmaßlich schneller möglich ist als eine grundständige Neuentwicklung.

In der Tat werden schon eine ganze Reihe vorhandener Medikamenten darauf geprüft, ob sich damit die aktuelle Corona-Erkrankung behandeln lässt. Dazu kommt aber auch mindestens eine geplante Neuentwicklung. Hier eine Übersicht ohne Garantie auf Vollständigkeit:

Gilead Sciences erprobt sein intravenöses experimentelles Medikament Remdesivir, das ursprünglich gegen Ebola-Infektionen entwickelt wurde (sich da aber nicht bewährt hat). Studien haben bereits begonnen.

APEIRON Biologics (Wien) und die Universität von British Columbia erproben derzeit in einer Phase I-Studie das Medikament APN01, das aus der SARS-Forschung hervorgegangen ist.

Regeneron erprobt ein Medikament mit den monoklonalen Antikörpern REGN3048 und REGN3051 in einer Phase I-Studie mit Freiwilligen. Diese Antikörper kommen in Betracht, weil sie an ein Protein des MERS-Coronavirus binden, das mit SARS-CoV-2 verwandt ist.

In China wurden dem Unternehmen Zhejiang Hisun Pharmaceutical klinische Studien zur Covid-19-Therapie mit seinem antiviralen Medikament mit dem Wirkstoff Favilavir genehmigt. Favilavir hat bislang nur eine Zulassung für die Grippetherapie.

Ebenfalls eigentlich gegen Grippe in Entwicklung ist ATR-002, ein Kinaseinhibitor des Unternehmens Atriva Therapeutics in Tübingen. Nun prüft das Unternehmen, ob der Wirkstoff auch die Vermehrung von SARS-CoV-2 hemmen kann.

CytoDyn prüft, ob sein Medikament mit dem Antikörper Leronlimab gegen das Coronavirus wirksam ist. Entwickelt wurde es gegen HIV, wofür es auch schon in Patientenstudien erprobt wird.

AbbVie hat ein weiteres HIV-Medikament mit der Wirkstoffkombination Lopinavir / Ritonavir chinesischen für die Erprobung als Covid-19-Therapeutikum zur Verfügung gestellt.

Das chinesische Unternehmen Ascletis kombiniert Ritonavir stattdessen mit einem in China gegen Hepatitis C zugelassenen Medikament mit dem Wirkstoff Danoprevir. Studien laufen.


Pfizer erprobt derzeit im Labor antivirale Wirkstoffe, die das Unternehmen schon zuvor gegen andere Viren entwickelt hat. Sollten sich ein oder mehrere davon in Labortests bewähren, würde Pfizer sie den einschlägigen toxikologischen Tests unterziehen und Ende 2020 mit der Erprobung mit Menschen beginnen. Auch MSD untersucht derzeit, welche seiner antiviralen Wirkstoffe gegen SARS-CoV-2 wirksam sein könnten.

Innovation Pharmaceuticals erprobt derzeit, ob sein Wirkstoff Brilacidin für Covid-19-Patienten hilfreich sein kann. Ursprünglich wurde der immunmodulatorische Wirkstoff zur Therapie von entzündlichen Darmerkrankungen und Entzündungen der Mundschleimhaut entwickelt.

Von chinesischen Forschern kam vor einigen Tagen auch die Nachricht, dass sich der alte Malaria-Wirkstoff Chloroquin in einer klinischen Studie als wirksam erwiesen habe.

Vir Biotechnology hat Antikörper aus dem Blut von Patienten gewonnen, die 2003 eine SARS-Infektion überstanden haben. Nun prüft das Unternehmen, ob diese auch gegen das nah verwandte SARS-CoV-2-Virus wirksam sind. Für die biotechnische Produktion von „Kopien“ solcher Antikörper kooperiert Vir Biotechnology mit dem chinesischen Unternehmen WuXi Biologics.

Der gleichen Logik folgt das Projekt des Unternehmens Takeda: Dort will im Rahmen des Projekts TAK-888 ein Antikörpergemisch aus dem Blutplasma von Personen gewinnen, die von Covid-19 genesen sind (oder später von Menschen, die gegen Covid-19 geimpft wurden), und zu einem Medikament verarbeiten. Solch ein Gemisch heißt anti-SARS-CoV-2 polyclonal hyperimmune globulin (H-IG); die Behandlung damit „Passivimmunisierung“. Anders als bei Vir Biotechnology erhalten die Covid-19-Patienten dann also direkt aus menschlichem Plasma gewonnene Antikörper und keine biotechnisch produzierten „Kopien“ davon.

Weitere Forschungsgruppen in der Welt verfolgen den Ansatz, Antikörper aus Plasma zur Passivimmunisierung einzusetzen.

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