Rest in peace, Timothy

„Ich wollte tun, was ich konnte, um eine Heilung möglich zu machen. Mein erster Schritt war die Veröffentlichung meines Namens in der Öffentlichkeit“ erzählte einst Timoty, dessen kraftvolles Engagement für die HIV-Community fehlen wird. Heute ist der HIV-Aktivist verstorben.

Mit Timothy Ray Brown verband mich eine Freundschaft – er war ein wunderbarer, engagierter und stets lebensfroher Mensch, der vielen nur unter dem Pseudonym „Berliner Patient“ bekannt war – er war der erste Mensch weltweit, der vollständig von HIV/Aids geheilt wurde.

Die Heilung hatte ihre Ursache in einer Stammzellentransplantation im Februar 2007 und 2008, der sich Timothy in Berlin unterzog. Bereits im Jahr 1995 war HIV bei ihm diagnostiziert worden. Drei Jahre später stellten die Forscher bei ihm fest, dass keine HIV-Viren mehr im Blut und in anderen Gewebeproben mehr nachzuweisen seien. Die Senasation war perfekt, die Medien voller Schlagszeilen: Als „Berliner Patient“ gelang Timothyn weltweite Bekanntheit.

Schnell war jedoch auch kar, dieser Eingriff war keine Option zur Heilung von HIV/Aids, denn die Ursache lag in einem sehr seltenen genetischen Merkmal der Stammzellentransplantation. Eine Reproduktion war kein Thema mehr. Viele Jahre später passierte das Phänomen erneut – beim „Londoner Patient“.

Timothy gründete 2012 die Stiftung „Cure for Aids“, die sich der Forschung zur Heilung von HIV verschrieb.

Mit ihm geht ein engagierter, großartiger Aktivist und ein warmherziger Mensch. Dein Engagement für Menschen mit HIV/Aids bleibt unvergessen. Mein tiefes Mitgefühl und meine Gedanken sind bei deinem Partner Tim.

Machs gut, Timothy.

200 Tage ohne SchwuZ

Ein Club ist ein Club ist Intimität ist eine Utopie ist Solidarität ist ein Safer Space ist Alltagsflucht ist eine Vision ist Awareness ist ein Zuhause ist Hedonismus ist ein Mikrokosmos ist Ekstase ist eine Chance.

Seit 200 Tagen ist das alles weg. Wer auf http://www.schwuz.de geht sieht einen Zähler, der seit über sechs Monaten unwillkürlich tickt. Ein Ende ist vorerst nicht in Sicht.

Diesen Blog nutze ich, um über mein Leben mit HIV zu schreiben. Mein Beruf als Geschäftsführer des größten und ältesten queeren Clubs in Deutschland – dem SchwuZ – spielt dabei meistens keine Rolle. Aber zum ganzen Bild gehört auch dieser unweigerlich dazu. Die letzten Monate zehrten an meiner Kraft und auch an der des Teams um mich herum.

Obwohl wir seit dem 13. März nicht mehr öffnen durften, arbeitete ich mehr als je zuvor. Anträge für Überbrückungshilfen, KfW-Kredit, Verhandlungen mit den Vermietern, Kurzarbeiter_innengeld für die sozialversicherungspflichtigen, Pakt für Arbeit für die Minijobler_innen, Investitionsprogramme für Umbau von Hygienemaßnahmen, unendlich viele Interviewanfragen und der kalte Sprung in die Digitalisierung.

Wie es mir geht, fragen manche. Gut, antworte ich dann.

Gut deswegen, weil ich zufrieden bin mit all dem was ich fürs SchwuZ in dieser Zeit gemacht habe. Gut deswegen, weil ich dankbar bin ein Team um mich zu haben, auf das ich mich zu 200 Prozent verlassen kann. Optimistisch, weils immer irgendwie weiter geht.

Manchmal sage ich in Interviews über die Schließzeit im SchwuZ: „Hören Sie mal, wir haben die Aids-Krise überlebt, dann werden wir doch auch mit Corona fertig werden.“

Vergleiche zwischen der HIV/Aids-Krise und der aktuellen Pandemie finden sich zahlreich im Netz. Ich will mich aktuell da gar nicht an einen detaillierten Vergleich wagen. Ich weiß nur für mich selbst: die Auswirkungen dieser Pandemie sind noch weit davon entfernt, wie ich in jungen Jahren die Auswirkungen von HIV/Aids erlebt habe.

Und dennoch verlangt mir diese Krise auf einer emotionalen Ebene enorm viel ab. Im SchwuZ-Umfeld arbeiten über 300 freiberuflich Tätige – von Künstler_innen bis zur Technikerin. Sie alle trifft diese Krise hart, weil das was zum Leben bleibt, einfach viel zu wenig ist. Und weil ihnen und allen im SchwuZ das fehlt, was uns antreibt: die Bühne.

Von über 240 Veranstaltungen im Jahr auf 0. Das ist keine Vollbremsung, sondern ein frontaler Crash an eine Mauer. Unser einziger Airbag heißt: Community.

Unserer Community verdanken wir das Überleben. Sie hat das SchwuZ durch die Krise getragen. Gespendet, um die vielen Monate bis zur ersten Hilfe des Bundes für Kulturbetriebe zu überbrücken und ein wenig des großen Lochs zwischen fixen Kosten und bescheidenen Zuschüssen zu stopfen.

Dafür bin ich enorm dankbar. Und auch für die vielen Begegnungen, das Miteinander, das sich-Mut-zu-sprechen in der Club- und Kulturlandschaft Berlins. Empowerment, dass gerade alle brauchen, die im Kultursektor arbeiten.

Kultur ist systemrelevant. Das SchwuZ ist systemrelevant.

Nie zuvor wurde das so deutlich wie in 2020. Der sichere Raum, den wir queeren Menschen aus der ganzen Welt geben, die Bühne die wir queeren Artists bieten, die Freiheit die Menschen in unseren Räumen erfahren dürfen – das alles fehlt.

Viel unserer Care-Arbeit können wir nur sehr bedingt leisten. Die Plattform die wir sozialen Projekten – wie Aidshilfen oder anderen Institutionen die den 1:1-Kontakt mit Menschen suchen – bieten; sie fehlt.

Und trotz all dem, trotz fehlender Öffnungsperspektive, trotz schwierigster Zeiten: wir behalten unsere Hoffnung. Wir machen weiter. So gut wir können – im digitalen Raum und manchmal sogar wieder ganz wie in alten Zeiten: mit Menschen im SchwuZ.

Am kommenden Samstag erhält das SchwuZ die Auszeichnung zum Tag der Clubkultur.

Wir freuen uns riesig & tanken daraus auch weitere Energie für die gerade schwierigen Zeiten. Erst im letzten Jahr gewann das SchwuZ den Ehrenpreis des LISTEN TO BERLIN Awards der Musik- und Kreativbranche.

Erneut werden wir für unsere Vielfalt im Programm und unser jahrzentelanges Engagement in der Clubkultur Berlins gewürdigt – ein Verdienst von rund 100 Menschen in unserem Team und deren unermüdlichem Einsatz für Diversität, neue Wege und Ideen.

Herzlichen Dank all den Menschen, die das möglich machen. ❤️

Für den 3.10. haben wir ein Programm zusammengestellt, das zum einen gestreamt wird, aber in dem zum ersten Mal auch in unserem Streamingstudio rund 40 Menschen (mit Abstand & Hygienplan) wieder live teilnehmen können.Die Karten kosten 15 Euro pro Person. Es sind Tickets ab zwei Personen (also 30 Euro plus VVK) erhältich – Einzelplätze leider nicht, da wir sonst noch weniger Plätze anbieten könnten.Es gibt zwei Zeitslots aus denen man wählen kann. 18 Uhr oder 21 Uhr.

Die Tickets sind hier erhältlich: https://www.eventbrite.de/e/tag-der-clubkultur-tickets-122232451553?fbclid=IwAR206R3NCz6L8p8LesEz8yubVOdDjCweRajeWr0J-OSiUFHASDM2vltv-Qw

Was für ein schönes Zeichen nach 200 Tagen Stillstand. Und vielleicht bleibt mir sogar ein neuer Beitrag anlässlich des 300. Schließtags erspart.

Ich bleibe optimistisch. Bleibt ihr es auch. Euer Flo

Wie ihr das SchwuZ unterstützen könnt:

Obwohl keine Partys und Clubbetrieb möglich ist, können wir das SchwuZ für bestimmte Arten von Veranstaltungen nutzen. Zum Beispiel können bei uns Konferenzen, Tagungen, Vereinssitzungen, digitale Produktpräsentationen, Livestreams, Hybride Veranstaltungsformate und kleine Messen unter Einhaltung der aktuellen Hygienevorschriften tagsüber stattfinden. Wer also einen Raum für diesen Zweck sucht, oder eine Firma kennt, die dazu passt, dann hilft uns jeder Kontakt dazu. So können wir zumindest versuchen, ein bisschen Umsatz zu generieren um vor allem unsere Mitarbeiter_innen zeitweise aus der Kurzarbeit zu holen und ihnen ein besseres Einkommen zu ermöglichen.

Die verschiedenen Möglichkeiten uns mit Spenden zu unterstützen sind:

PayPal: spende@schwuz.de

GoFundMe:
https://www.gofundme.com/f/saveourschwuz

Überweisung:
SchwuZ Kulturveranstaltungs GmbH
IBAN: DE05 1004 0000 0534 5772 02
Verwendungszweck: Spende SchwuZ

AktHIV.de -bundesweite Bündelung der HIV-Selbsthilfestruktur

Der neu gewählte Vorstand von AktHIV.de: Gabriele Trost, Oliver Stein, Dennis Diedrich, Florian Winkler-Ohm, Dirk Bothe

Heute hat sich in Berlin der Verein AktHIV.de gegründet. Er vertritt als Zusammenschluss regionaler HIV-Selbsthilfe-Netzwerke zukünftig auf Bundesebene die Interessen seiner Mitglieder*innen. Im Rahmen der heute stattgefundenen Vorstandswahlen wurde auch ich in den Vorstand gewählt.

Ich bedanke mich herzlich für das Vertrauen und freue mich auf die Zusammenarbeit mit so engagierten Menschen im Vorstand.

Florian Winkler-Ohm, flosithiv.com

„Wir wollen von einem Bittsteller zu einem Partner auf Augenhöhe werden“ sagt Oliver Stein (Münchner Positive), neugewähltes Vorstandsmitglied des Vereins. Zusammen mit seinen Vorstandskolleg*innen Gabriele Trost, (Münchner Positive), Dennis Diedrich (pro plus rlp e.V.), Dirk Bothe (Positive Lounge), Florian Winkler-Ohm (flosithiv.com) möchte er in eine neue Ära der HIV-Selbsthilfe starten.

„Gerade die aktuelle Corona-Zeit hat uns gezeigt, wie wichtig Zusammenhalt in der HIV-Community ist “ sagt Gabriele Trost.

Zur Gründungsveranstaltung im Berliner SchwuZ trafen sich dazu heute zahlreiche Vertreter*innen der regionalen Selbsthilfe-Organisationen aus dem gesamten Bundesgebiet. Bereits in knapp drei Wochen möchte der Verein die Agenda seiner Aktivitäten im Rahmen des AktHIV.de-Treffens in München vorstellen.

Zahlreiche Akteur_innen der HIV-Selbsthilfe trafen sich heute im Berliner SchwuZ zur Gründung von AktHIV.de

Positive Stimmen 2.0: Deine Meinung ist gefragt.

Im Interview: Matthias Kuske (re.) und Brigitte Popp (li.)

Die erste Umfrage zu Stigmatisierung und Diskriminierung von Menschen mit HIV „positive stimmen“ (2012) hat viele und wichtige Erkenntnisse gebracht, wie sehr HIV-Positive in ihrem Alltag Ausgrenzung und Diskriminierung erfahren. Die Ergebnisse waren zentral für die Entwicklung und Weiterentwicklung der Antidiskriminierungsarbeit und haben die Beteiligten und die Communities gestärkt.

Mit “positive stimmen 2.0“ möchten wir hier anknüpfen und neue sowie vertiefende Informationen zur HIV-bezogenen Stigmatisierung erfragen. Wir möchten zudem vergleichen, wie sich die Stigmatisierungserfahrungen verändert haben und klare Handlungsempfehlungen für Organisationen, Politik, Verwaltung und andere gesellschaftliche Akteure formulieren und damit konkret einen Beitrag leisten gegen die Stigmatisierung und Diskriminierung von Menschen mit HIV.

Ziel des Projektes ist es, zu dokumentieren, wie Menschen mit HIV in ihrem Alltag Stigmatisierung erleben. Darüber hinaus sollen Menschen mit HIV durch die Mitarbeit in dem Projekt in ihrer Selbstorganisation und der eigenen Auseinandersetzung mit dem Thema unterstützt werden.

Das Projekt besteht aus drei Modulen mit je unterschiedlichen Methoden. Zentraler Bestandteil des Projekts sind peer-to-peer Interviews: HIV-positive Menschen interviewen HIV-positive Menschen zu ihren Erfahrungen mit Stigma und Diskriminierung. Dieses Modul ist die Umsetzung des internationalen Projekts PEOPLE LIVING WITH HIV (PLHIV)-Stigma-Index in Deutschland. Dafür wurden 33 Menschen mit HIV als Peer-Forscher_innen und Interviewer_innen geschult. Von Mai bis voraussichtlich Ende Dezember 2020 führen sie Interviews auf Augenhöhe mit Menschen mit HIV.

In einem weiteren Modul werden bestimmte Themen vertiefend untersucht. Das geschieht einerseits durch eine Online-Umfrage und andererseits durch Fokusgruppen.

„positive stimmen 2.0“ ist ein Kooperationsprojekt der Deutschen Aidshilfe (DAH) und des Instituts für Demokratie und Zivilgesellschaft (IDZ). Darüber hinaus kooperieren wir eng mit den Netzwerken und anderen Organisationen der Selbsthilfe von Menschen, die mit HIV leben und den Aidshilfen und Projekten vor Ort.

Du willst mitmachen und deine Diskriminierungserfahrungen in diesem Community-Forschungsprojekt teilen?

Dafür kannst Du…

  • Dich von einem/r der Interviewer_innen des Projekts interviewen lassen.

Hierbei ist es uns sehr wichtig, die Vielfalt der Communities von Menschen mit HIV möglichst gut einzubinden: Schwule und andere MSM, Drogengebrauchende, trans*, Frauen, Sexarbeiter_innen, Migrant_innen, Geflüchtete und Heterosexuelle. Insgesamt suchen wir 500 Menschen mit HIV, die voraussichtlich bis Ende 2020 interviewt werden möchten und die bereit sind, mit den Interviewer_innen auf Augenhöhe über ihre Erfahrungen zu Stigma und Diskriminierung zu sprechen.

Nimm dafür Kontakt mit uns auf und wir setzen dich mit einem/r Interviewer_in in Verbindung.

Und

  • An der Online-Umfrage teilnehmen:

Du bist HIV-positiv, lebst in Deutschland und bist mindestens 16 Jahre alt?

Dann mach mit bei dieser Online-Umfrage und berichte anonym von deinen Erfahrungen!

Das Ausfüllen des Fragebogens dauert ungefähr 30min.

Los geht´s! Klicke auf den Banner oben oder öffne diesen Link.

Quelle Text: Deutsche Aidshilfe/www.positive-stimmen.de