Rebecca: „Ich muss dir was sagen.“

Rebecca unterstützt die Kampagne wissen-verdoppeln.hiv

Kurz bevor Rebecca Jackson Sex mit ihrem Freund haben will, sagt er ihr: „Ich bin HIV-positiv.“ Die Nachricht ist für sie zunächst ein Schock. Doch seit diesem Moment setzt sich Rebecca dafür ein, dass immer mehr Menschen wissen: „Schutz durch Therapie funktioniert.“

2018 schrieb Rebecca unter dem Titel „Fucking with HIV“ einen Gastbeitrag für magazin.hiv. Ein Auszug:

Ich muss dir was sagen. Das sind nicht die Worte, die ich hören will. Eigentlich überhaupt nicht und schon gar nicht jetzt, wo ich nackt und geil bin, und nicht aus dem Mund, den ich gerade geküsst habe. Ich bin HIV-positiv. Und in meinem Kopf dreht sich „Sterben-Kinder-in-Afrika-Tom-Hanks-Haarausfall-Sterben-superabgemagert“.

Das war vor über einem Jahr. Mein Partner, den ich damals einfach weiter küsste, und ich haben seitdem so manche komplizierte Situation durchlebt, sowohl emotional als auch körperlich. Von diesen Erfahrungen möchte ich hier erzählen, denn ich hoffe, dass ich damit die Leute aufklären und etwas gegen das Stigma tun kann, das es rund um HIV immer noch gibt.

„Ich bin HIV-positiv.“

„Äh. Pfff. Okay. Puh. Also, äh, okay, darüber muss ich erst mal nachdenken, bevor wir Sex haben.“

Kein „Danke, dass du mir das erzählst!“, kein „Okay, und wie kommst du damit klar?“, kein „Tut mir leid. Aber ich habe gehört, dass das kein Riesenproblem ist. Nimmst du antiretrovirale Medikamente, sodass deine Viruslast unter der Nachweisgrenze ist und HIV nicht übertragen werden kann?“.

„Äh. Pfff. Okay. Puh. Also, äh, okay, darüber muss ich erst mal nachdenken, bevor wir Sex haben.“

Stattdessen fühlt er sich zurückgewiesen. Ausgegrenzt. Und ich habe Angst und Vorurteile und bin sogar enttäuscht. Enttäuscht, dass ich jetzt keinen Sex mehr mit diesem superheißen Typen haben kann, denn wenn ich Sex mit ihm habe, werde ich krank. Oder nicht?

Wer den gesamten Gastbeitrag von Rebecca lesen will, findet diesen hier: https://magazin.hiv/2018/05/10/fucking-with-hiv/

Rebecca schreibt nicht nur, sondern setzt sich auch sonst dafür ein, dass die Botschaft „Schutz durch Therapie wirkt“ verbreitet wird. Sie unterstützt die aktuelle Kampagne http://www.wissen-verdoppeln.hiv

Zum Kampagnenstart traf ich Rebecca für ein kurzes Interview in Berlin:

Unter http://www.wissen-verdoppeln.hiv findet ihr auch andere spannende Botschafter_innen mit ihren Geschichten. Ferner könnt ihr dort eure eigene Geschichte erzählen. Unterstützt die Kampagne!

https://wissen-verdoppeln.hiv

Strich/Code/Move – besucht die Sexarbeiter_innen

„Raus aus der Beschämungskultur und rein in ein sexpositives Leben!“ ist das Motto der Sexarbeiter_innen und Aktivist_innen die derzeit auf dem Platz vor dem Berliner Hauptbahnhof mit ihren fünf Lovemobilen stehen.

In den Wohnwägen in denen sonst die Arbeitsstätte der Sexarbeiter_innen sind kann man derzeit mit Bordelbetreiber_innen, Hurenverbänden, Sexarbeiter_innen und Künstler_innen ins Gespräch kommen.

Es geht um die Lebenswirklichkeit von Sexarbeiter_innen und den Einblick in eine Welt die für die meisten Menschen hauptsächlich aus Klischees besteht. Und es geht um das seit 1. Juli 2017 in Kraft getretene Prostituierten-SchutzGesetz, dass anders als man vom Namen her erwarten müsste die Grundrechte der Sexarbeiter_innen einschränkt und diese kriminalisiert.

  1. Was hat sich durch dieses Gesetz geändert?Sexarbeiter_innen müssen sich bei Behörden registrieren lassen.

Konsequenz: Der Datenschutz ist nicht gewährleistet und birgt die Gefahr des Zwangsoutings, die Sexarbeiter_innen in Gefahr bringen kann, weil Sexarbeit immer noch ein Tabu in der der Gesellschaft ist.

2. Sexarbeiter_innen müssen sich zusätzlich regelmäßigen „Gesundheitsberatungen“ unterwerfen.

Konsequenz: Das Recht auf freiwillige und anonyme Beratungen laut dem Infektionsschutzgesetz wird unterlaufen.

3. Sexarbeiter_innen dürfen nicht mehr in der jeweiligen Arbeitsstätte übernachten.

Konsequenz: Eeine zusätzliche Unterkunft muss angemietet werden, was mit einer extremen Kostenerhöhung verbunden ist.

4. Alle bordellartigen Betriebe, auch kleine Wohnungen, in denen nur zwei Sexarbeiter_innen arbeiten, müssen die gleichen baulichen und organisatorischen Auflagen erfüllen.

Konsequenz: Großbordelle können diese umsetzen, dagegen werden Kleinbetriebe in den Ruin getrieben.

5. Die Polizei kann jederzeit ohne Anlass Prositutionsstätten kontrollieren.

Konsequenz: Das Grundrecht auf Unverletzlichkeit der Wohnung wirdd für Prositutionsstätten aufgehoben – auch für Privatwohnungen, in denen angeschafft wird.

6. Die Anzahl und Höhe der Bugelde bei Zuwiderhandln gegen die zahlreichen Vorschriften hat sich erhöht.

Konsequenz: Sexarbeiter_innen, die nicht registriert werden wollen, werden gezwungen versteckt zu arbeiten, gehen schlechtere Arbeitsbedingungen ein und müssen bei Verhängen von Bußgeldern mehr arbeiten.

Im Auftrag der Deutschen Aidshilfe habe ich das Projekt besucht und mit den Sexarbeiter_innen und anderen Beteiligten gesprochen. Schaut euch das Video hier auf meinem Blog an und am besten das Projekt live.

Noch bis heute – Samstag den 27. Juni um 21 Uhr – könnt ihr euch auf dem Washingtonplatz vor dem Berliner Hauptbahnhof die fantastische Schwarmkunstprojekt Stich/Code/Move ansehen:

Dir gefällt mein Blog? Ich freue mich sehr, wenn du diesen Blogartikel teilst und somit mithilfst die Stimme der engagierten Sexarbeiter_innen in die Welt zu tragen. Und: Folge gern meinem Blog – unten rechts kannst du deine E-Mailadresse eintragen. Danke für deine Unterstützung! Flo

PoBe 2018: Was bleibt, ist Stärke.

Das waren sie also – die Positiven Begegnungen 2018 in Stuttgart. Europas größte Selbsthilfekonferenz hat in den vergangenen vier Tagen viel erreicht. Hunderte Menschen mit HIV debattierten, organisierten und feierten gemeinsam das was uns verbindet: den HIV-Status.

Während man an den Gesichtern der überraschten Stuttgarter Bevölkerung während der Demo immer noch ablesen konnte, in welchen Denkmustern die Allgemeinbevölkerung beim Thema HIV steckt, schaffte diese Konferenz bei den Teilnehmer_innen selbst vor allem eins: Empowerment.

Diese Stärkung des Miteinanders ist der Motor der Selbshilfestruktur. Alle zwei Jahre wird dieser überholt, geölt und neu zusammengesetzt – Menschen lernen sich kennen, die sonst nie etwas miteinander zu tun hätten und die der HIV-Status vereint: Frauen, People of color, Geflüchtete, Menschen mit Behinderung, Trans*- und Inter*-Menschen und eine ganze Menge Heteros – sie alle vereinen sich mit der großen Masse an schwulen Männern, und geben ein Stück weit Einblick in ihre Lebenswelt.

Das ist großartig und viel zu selten: Denn während vielfach die Community mit internen Spaltungen und gegenseitiger Ausgrenzung zu tun hat, zeigt die PoBe auch im 20. Jubiläumsjahr zu welcher gemeinsamen Power die Menschen fähig sind.

Dieser Zusammenhalt wird in Zeiten politischer Veränderungen mehr und mehr notwendig. Nur wenn es uns als HIV-Community gelingt, gemeinsam unsere Forderungen zu vertreten, entziehen wir Rechtspopulisten den Nährboden ihrer Argumentation.

Die Tage in Stuttgart beweisen: Es macht mehr Sinn, nach den auf der Hand liegenden Gemeinsamkeiten zu suchen, statt nach dem was uns vermeintlich trennt.

Die Community der HIV-positiven Menschen hat viel gemeinsam durchgestanden. Fast alle von uns haben geliebte Menschen, Freund_innen und Wegbegleiter_innen in den schlimmen Zeiten der 80er und auch noch Anfang der 90er Jahre verloren. Alle zwei Jahre wieder gedenken wir im Rahmen der PoBe an die Wegbegleiter_innen, die in den letzten zwei Jahren – zum Teil an den Spätfolgen ihrer Krankheitsgeschichte – nicht mehr bei uns sein können.

Inzwischen treffen wir uns glücklicherweise mehr auf Veranstaltungen wie dieser statt auf Beerdigungen – wir feiern das Leben und fordern die Rechte, die uns zustehen. Wir arbeiten an Themen und Konzepten mit welchen wir dem politischen Rechtsruck entgegentreten können, sprechen über die Herausforderungen die uns bei Ärzten, in unseren Familien und bei unseren Kindern in Zusammenhang mit HIV noch fordern und immer wieder über die großen Botschaften wie „Nicht nachweisbar = Nicht infektiös“.

Es wird noch eine Weile dauern, bis die Schreckensbilder der 80er Jahre dem Wissen von Übertragungswegen in der Allgemeinbevölkerung gewichen sind. Aber wir sind auf dem Weg dorthin schon ganz schön weit gekommen. Durch die Unterstützung von staatlicher Seite und Organisationen wie der Deutschen Aids-Hilfe und ihren Mitgliedsorganisationen aber allen voran durch das Engagement der vielen Menschen in der Selbsthilfe und im Ehrenamt.

Sie sind die Held_innen dieser Konferenz, egal mit welchem Einsatz sie sich beteiligt haben: ob an der Bar, beim Spendensammeln für die Konferenz, bei der Mithilfe in Workshops oder als Multiplikator_innen in ihrem Feld. Es ist immer noch nicht selbstverständlich, offen über seine HIV-Infektion zu sprechen. Nicht weil wir Scham empfinden, sondern weil die Gesellschaft uns beschämt.

Und wir sollten genau aufpassen, dass uns diese Stärke der Community nicht genommen wird: Weder von rechten Parteien noch von irgendeiner sonstigen vermeintlichen Macht. Mit viel Power und aufgeladenem Lebens-Akku treten die meisten von uns heute wieder die Heimreise an.

Morgen beginnt dann wieder der Alltag mit HIV – egal ob in der Arbeit, in der Schule, der Universität oder im Ruhestand. Die Medien werden erst wieder kurz vor dem Welt-Aids-Tag auf das Thema aufspringen – für uns Aktivist_innen ist das nicht genug. Wir kämpfen an jedem Tag für unsere Anliegen, für eine Veränderung in den Köpfen und für das erklärte Ziel: Null Diskriminierung. Das dies noch immer notwendig und längst nicht Realität ist, machten auch die vergangenen vier Tage deutlich: Letzter Termin beim Zahnarzt, offener Vermerk auf der Krankenakte, Kündigung durch Arbeitgeber_in, keine Einstellung im Polizeidienst.

Es sind die einzelnen Geschichten und Erfahrungen von Teilnehmer_innen, die dieser Konferenz den Treibstoff liefert, die sie braucht. Und es sind die Menschen selbst, die offen und geschützt in diesem Rahmen auf Andere treffen, die ihnen zuhören, verstehen und mitunter auch helfen.

Die HIV-Community hat einen großen Rucksack an Ballast zu tragen – prall gefüllt mit traumatischen Erlebnissen, Verlusten, Zurückweisung, Diskriminierung und jeder Menge Stigma. Die PoBe ist der richtige Ort gemeinsam in diesen Rucksack zu schauen, auszusortieren und uns etwas vom Ballast zu befreien. Dafür ein herzliches Dankeschön allen, die mitgeholfen haben.

Und wenn ab morgen jede_r in seinem Umfeld nur einer Person pro Woche von N = N erzählt, dann erreicht diese Botschaft doch noch rechtzeitig vor der nächsten PoBe die Masse der Menschen. Es ist wie immer: es startet mit uns. Legen wir los!

Danke an meinen Schatz Thomas für all die Bilder, die Videos und den Schnitt!

Auf Wiedersehen, Amsterdam.

❤️lichen Dank euch allen für die großartige Unterstützung zur Welt-AIDS-Konferenz.

Auch in den nächsten Tagen blogge ich hier noch Videointerviews mit spannenden Menschen, engagierten Aktivist_innen und Freund_innen im gemeinsamen Kampf für die Rechte von Menschen mit HIV & AIDS.

Es bleibt spannend. Es bleibt viel zu tun. Es bleibt eine Herausforderung.

Bye, bye aus Amsterdam – euer Flo. 💋

Kommt die HIV-Heilung?

Armin Schafberger, Medizinreferent der Deutschen Aids-Hilfe über die Herausforderung der ethischen Bedenken:

DANKE fürs Folgen meines Blogs, das teilen mitdiskutieren und Verbreiten unserer Botschaften von der Welt-AIDS-Konferenz ♥️🍪♥️

Elton John rastet aus: „That makes me fucking crazy“

Ich mag ja etwas Drama. Ob im SchwuZ oder auf der Welt-AIDS-Konferenz: Menschen mit Leidenschaft sind großartig. Auch Elten John besuchte die Konferenz die noch bis Freitag in Amsterdam stattfindet und rastete hier in der Konferenz kurz aus:

„That makes me fucking crazy“

Hintergrund seiner völlig berechtigten Wut ist die Diskriminierung der LGBTIQ*-Community in Osteuropa. Die Lage für Menschen mit HIV hat sich dort drastisch verschlechtert: Mehr als 100.000 HIV-Neuinfektionen pro Jahr verzeichnet derzeit Russland. Tendenz steigend.

Was für ein Wahnsinn – denn weltweit gehen die Neuinfektionen eigentlich zurück. Wer nach den Gründen für diese Entwicklung sucht, findet schnell die Lösung: Die Homophobie der Regierung verhindert den Zugang zur Medikation: HIV-Aktivist_innen werden weggesperrt, es gibt keinerlei Zusammenarbeit mit NGO-Organisationen wie dies beispielsweise in Deutschland der Fall ist.

UNAIDS ist „äußerst besorgt“ und zwar zu recht: Denn in Russland erhalten 1/3 der von HIV-betroffenen Menschen keinen Zugang zu Medikamenten. Die Folge: eine HIV-Epidemie in Osteuropa mit dramatischen Infektionszahlen.https://www.instagram.com/p/BlnYO-EnFez/?utm_source=ig_share_sheet&igshid=1ww8bk1365hm8

„Politiker müssen menschlicher werden“ forderte daher Elton John wenn das Ziel – die AIDS-Epidemie bis 2030 zu beenden – auch erreicht werden soll. In seiner flammenden Rede mahnte er dazu endlich alle Menschen als Menschen zu behandeln und nicht als Angehörige verschiedener Gruppen.

Die Diskriminierung von drogengebrauchenden Menschen, von Menschen mit HIV, von Menschen der LGBTIQ*-Community in Osteuropa ist derzeit das wohl größte Problem der globalen Anstrengungen im Kampf gegen HIV/Aids.

Dieser Virus macht vor keiner Grenze halt. Wenn es uns nicht als Welt-Gemeinschaft gelingt auf die Regierungen in Osteuropa einzuwirken kann der Kampf gegen Aids nicht gelingen.

Wenngleich ich etwas Drama mag: Lasst uns dieses Drama gemeinsam beenden.

Denis: Diskriminierung auf Rezept

„Leiden Sie an AIDS?“ Die Frage auf dem Anamnesebogen seines neuen Zahnarztes beantwortete Denis wahrheitsgemäß mit “nein”. Er ist zwar HIV-positiv, doch es geht ihm gut, HIV ist bei ihm nicht mehr nachweisbar. Von Aids kann keine Rede sein.

Auf dem Behandlungsstuhl macht Denis den Zahnarzt auf die fehlerhafte Frage aufmerksam. Und der wird sauer, weil Denis die HIV-Infektion nicht angegeben hat. „Da wusste ich, wie ich von dem behandelt werde“, erinnert sich Denis.

Diskriminierungen im Gesundheitswesen hat er schon öfter erfahren. In der Notaufnahme wurde er einmal nach Hause geschickt, weil er dem Arzt erst nach der Blutabnahme von seiner HIV-Infektion erzählt hat. Das Arzt-Patienten-Verhältnis sei jetzt gestört, argumentierte der Arzt.

„Da fühlt man sich wie ein Aussätziger“, sagt Denis.

In solchen Momenten kann ein falscher oder unsensibler Umgang mit HIV-positiven Patienten besonders fatale Folgen haben. Manche unterlassen aufgrund schlechter Erfahrungen wichtige Arztbesuche (siehe rechts).

Denis kann heute selbstbewusst mit seiner HIV-Infektion umgehen. Aber das war nicht immer so. Als er mit 29 Jahren sein Testergebnis bekam, warf ihn das völlig aus der Bahn.

„Das war alles so unrealistisch. Selbst am Empfangstresen der Arztpraxis hab ich nicht rausgebracht, warum ich da bin“, erinnert er sich der sportliche 37-Jährige.

Doch mit seiner HIV-Praxis hatte Denis Glück, und er kennt auch andere Arztpraxen in seiner Heimatstadt Halle, die im Umgang mit HIV souverän sind.

„ Das ist gut für mich persönlich aber es kann nicht die Lösung sein. Jeder Arzt muss in der Lage sein Menschen mit HIV diskriminierungsfrei zu behandeln.

Hier das Interview mit Denis:

Auch Diskriminierung erfahren?

Erzähl mir davon und schreibe einen Kommentar.

Quelle Text: Deutsche AIDS-Hilfe